THOC NICOSIA, October 22, 1999
Jean Racine/ Sophokles PHAEDRA
Production and Version for THOC: Michael Leinert Stage design and costumes: Andy Bargilly
Phaedra Annita Santorineou Hippolytos Neoklis Neokleous Arikia Christina Pavlidou Aphrodite Elena Dimitriou Evripidis Spyros Stavrinides
Phaedra II Lenia Sorokou Theseus Nikos Charalambous Oenone Alkistis Pavlidou Ismene Androula Heracleous Theramenes Demetris Xystras
Arikia: Christina Pavlidou - Theseus: Nikos Charalambous.
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Note by Nikos Kazantzakis about his transcription of Goethe's FAUST:
„Began Faust Part One on 23rd July and finished on 5th August 1936, in 12 days”.
NIKOS KZANTZAKIS' FAUST TRANSCRIPTION
Successful world premiere in CYPRUS on October 26, 2002
"...erfolgreiche Uraufführung der
griechischen Übertragung des großen, kretischen Dichters!"
P
roduction and Version for THOC: Michael Leinert Stage design: Andy BargillyCostumes : Stavros Antonopoulos Music: Savvas Savva
DER HERR Antonis Katsaris MEPHISTOPHELES Varnavas Kyriazis FAUST Neoklis Neokleous
OSTERSPAZIERGANG Easter Walk FAUST meets HELENA Elena Dimitriou ( a selected part of Faust II )
Theater der Zeit
Von griechischer Antike in Europas Gegenwart
von Thomas Irmer
Die Insel der Aphrodite ist immer noch geteilt, genauer gesagt ihr Norden
türkisch besetzt. Nach der türkischen Invasion 1974
wurden etwa 200 000
Zyprioten vertrieben und das besetzte Gebiet
systematisch mit Türken vom
Festland besiedelt.
Nur 300 Meter entfernt von den Stacheldrahtsperren steht das Stadttheater von
Nikosia, Anfang der sechziger Jahre erbaut im Stil schlichter Moderne mit fast
1200 Plätzen.
Auf schwarzen Plakaten ist in schwungvollen griechischen Lettern
„Faust" angekündigt - von Goethe und Kanzantzakis. Der Schöpfer des „Alexis
Sorbas" übersetzte als junger
Schriftsteller nicht nur Nietzsche, Darwin und
Bergson ins Neugriechische, sondern auch Goethes Hauptwerk. Nikos Kazantzankis’
wortgetreue, dabei sehr poetische Übertragung
wurde 1936 sogar als
Fortsetzungsserie in einer Zeitung abgedruckt, danach aber nie aufgeführt oder
anderweitig gedruckt.
Erst vor zwei Jahren wurde sie wiederentdeckt, und der Düsseldorfer Regisseur Michael Leinert, der in Zypern schon durch einige Inszenierungen sich
einen Namen gemacht hatte,
wurde von der Theaterorganisation Zyperns THOC
eingeladen, diesen „Faust" auf die Bühne von Nikosia zu bringen. Im
griechischsprachigen Raum durchaus keine Erstbegegnung mit
dem Stück, ein
Dutzend Inszenierungen seit knapp hundert Jahren sind bekannt - aber eben keine
in der Übertragung von Kazantzakis.
Wie in anderen kleineren Ländern spielte die nationale Theaterorganisation
eine herausragende Rolle für eine junge und wenig entwickelte Theaterlandschaft
in dem heute eine dreiviertel
Million Einwohner zählenden Zypern. 1971 als
halbstaatliche Organisation gegründet, führte sie die vor allem während der
sechziger Jahre rasch auf internationale Zeitgenossenschaft und
nationale
Eigenständigkeit zielenden Impulse der zypriotischen Theaterszene zusammen, die
zuvor, in der britischen Kolonialzeit, nicht gerade gefördert worden waren. Die
Besonderheit v
on THOC im Unterschied zu anderen Ländern ist nun, dass diese
Organisation Verband und Nationaltheater in einem ist, mithin der größte
Theaterproduzent im Lande und gleichzeitig eine
dem Kulturministerium nahe
Institution, die alle Theaterleute Zyperns vertritt. Andy Bargilly ist ihr
Vorsitzender, Intendant und zugleich Chefbühnenbildner, ein aus dem heute
besetzten Teil
stammender Mittfünfziger, der in der bewegten Zeit um 1968 bei
den Meistern des Schwarzlicht-Theaters und der „Laterna Magica" in Prag
Szenographie studierte und seit den achtziger
Jahren mit seinen
THOC-Produktionen von Stücken der griechischen Antike im darauf spezialisierten
internationalen Festival von Epidauros beinahe durchgehend auf die größten
Erfolge
verweisen kann. Die im dortigen antiken Zuschauerrund besonders
wirkenden Arbeiten seines avancierten Raumtheaters - vergangenen Sommer für
Euripides’ „Phönizierinnen" - weiß er
zunächst aber für die große Kastenbühne
des Stadttheaters von Nikosia einzurichten. Und Bargilly war neben seiner
Eigenschaft als veranstaltender Intendant auch der Bühnenbildner des „Faust".
LUSTIGE PERSON/Comedian Michaelis Moustakas DIREKTOR Andreas Vassiliou DICHTER/Poet Stavros Louras
Als rundum umtriebigen Theaterdirektor wird gleich zu Anfang, dem „Vorspiel
auf dem Theater",
auf ihn angespielt. Das Handy am Ohr, empfängt ein seine
Barttracht
tragender Schauspieler den Dichter zur rechten, die lustige Person
zur linken auf der riesigen Vorbühne.
Diese Eröffnung ist ein wesentlicher Teil
des Konzepts von Michael Leinert, denn auf das Theater auf dem Theater kommt er
-
im Verlauf der knapp dreistündigen Inszenierung seines „Faust I" mit den darin
drei einbezogenen Szenen aus dem zweiten Teil - mit Faust und
Mephisto immer
wieder zurück, wenn sie auf der Vorbühne, wo an den Seiten zwei kleine
Klappstuhlreihen stehen,
ihre Sache verhandeln oder kommentieren
Hinter dem
Theaterdirektor schimmert schon der „Prolog im Himmel" durch den schwarzen
Vorhang, mit einem würdigen alten Herrn - Gott
als Schauspieler mit
elisabethanischem Kragen - vor den drei Erzengeln mit Lichtflügeln und einem
trotz Plateauschuhklumpfuß frech wendigen
Mephisto. Es ist ein leichter Umgang
mit diesen sphärischen Höhen, der dieses dann um einige Szenen geschickt
gekürzte Stationendrama auf
den Weg bringt. Die Studierstube ist eine
gigantische Bücherhalde, in der einer sein halbes Leben und wohl auch alle
mediterrane Lebensfreude
verpasst hat; ein Erdgeist, der mit seiner magischen
Kraft nur enttäuschen kann, ist hier folgerichtig bloß per Band vernehmbar.
Faust ist durchgehend
mit dem jungen, in Zypern populären Schauspieler Neoclis
Neocleus besetzt. Dieser anfangs auf alt Geschminkte entpuppt sich nach der
Hexenküche -
ein rundum verjüngendes Fitnessstudio - als vitaler Kerl, der dank
Mephisto, der in der Bücherhalde erst mal als ferngesteuerter Spielzeugpudel
auffährt,
seine Midlifecrisis erfolgreich wegbiegt: den Existenzteufel.
Sinnreicher Kontrast dazu, ein ewig alter Wagner, entsprechend besetzt. Und kein
„Auerbachs Keller", keine „Walpurgisnacht". Der Kern der Geschichte soll sich
hier anders entfalten, entwickelt von den angemessenen Erfahrungen des
deutschen
Regietheaters.
Leinert macht dennoch keinen Anti-Faust, der hier ja auch
keine beladene, überinterpretierte Rezeptionsgeschichte hätte,
er zeigt einen
klug vermittelten modernen Faust, der für das Stück wirbt, es vorstellt,
zugleich mit unbekannten Sichten bekannt macht.
Das Wagnis des Regisseurs gilt dem Versuch, mit einer Montage in der
Erfahrung Zyperns anzukommen.
Die „Helena"-Szene folgt der Verjüngungskur: „Du
siehst, mit diesem Trank im Leibe, / Bald Helenen in jedem Weibe."
Eine
Miniatur-Akropolis im azurblauen Hintergrund, erscheint nicht nur Helena (Elena
Demetriou) vor diesem Palast des Menelas,
sondern es rasten auch zwei erschöpfte
amerikanische Touristen vor dem Panorama. Die Zeiten rücken ineinander, erhaben,
ein
bisschen aber auch mit Spott und Ironie. Die Inszenierung springt zurück zu
Faust und Gretchen, die Regie hält für jede einzelne
Szene einen eigenen
Erzählstil parat.
MEPHISTOPHELES Varnava Kyriazis MARTHE SCHWERTLEIN Annita Santorineou
In der Gartenszene mit Frau Marthe zeigen Leinert und Bargilly, was eine üble
deutsche Gartenparty mit Plastikmöbeln und Karl-Dall-Schenkelklopfern ist.
Varnavas Kyriazis gibt seinem Mephisto Zucker und legt den Weibsteufel Marthe
(Anita Santorineou) gleich neben der Bowleschüssel flach. Derb darf es
sein, und
das gehört doch zur Fallhöhe für den Rest der Geschichte von Gretchens Tragödie.
Ausgerechnet bei der Zigarette danach stellt Christina Pavlidou im Bett die
berühmte Frage nach der Religion. Die sie bald bedrohende mittelalterliche
Stadt
wird mit fahrbaren kleinen Häuschen gezeigt, an die Kirche tritt ein
leibhaftiger böser Geist im Priestergewand, Gretchens Ende im Kerker mündet
schließlich in ein kühnes Finale gesteigerter Szenenmontage. Während Faust und
Gretchen wie in einem Freeze verharren, läuft zur rechten die Geschichte
von
Philemon und Baucis, im Hintergrund ein vielköpfiger Flüchtlingszug - die Motive
von Tod, Heimkehr und Flucht stehen nebeneinander in einem großen
Bild, dessen
überaus deutliche Bezüglichkeit hier freilich weit über Zypern hinausgeht. Den
sterbenden Faust kann dieser Augenblick wohl kaum veranlassen,
ihn zum Verweilen
anzurufen, auch wenn Helena noch einmal erscheint, mit den Schlusszeilen des
Chorus Mysticus.
Dieses symbolisch-assoziative Finale gleich mehrerer Enden entgeht der Gefahr
des Überladenseins durch Klarheit, vorbereitet
mit beinahe allen vorausgehenden
Szenen. Leinerts Regie, die am Schluss sein Gespür für die große Oper bewies,
hat insofern
nicht nur Kazantzakis’ Übersetzung ins Leben gerufen, sondern auch
mit einer eigenen, überzeugenden Stückfassung „Faust"
auf neue Weise nach Zypern
geholt. Das Ensemble, sehr groß für heutige deutsche Verhältnisse, wirkte
bestens aufgelegt für diese
Unternehmung, der das Publikum mit gespanntester
Aufmerksamkeit folgte. Faust als problembeladener Zeitgenosse mit antiken
Bezügen,
dabei leichter, freundlicher, lebensoffener als seine nördlichen
Verwandten, auch ein bisschen gewitzter und weniger metaphysisch -
das ist
Theater, an dem man sich nicht nur in Zypern begeistert.
Und am Ende strahlt
Helena.
FAUST Neoklis Neokleous MARGARETE Christina Pavlidou
MARGARETE Christina Pavlidou BÖSER GEIST /Bad Spirit Antonis Katsaris FAUST Neoklis Neokleous
FAUST's Death Neoklis Neokleous Christina Pavlidou FAUST II Szene Philemon und Baucis - The Refugees
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